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Schilddrüsenerkrankungen

Schilddrüsenerkrankungen sind in Deutschland sehr häufig: mindestens jeder 5. Erwachsene hat eine vergrößerte Schilddrüse oder Knoten (Struma), jeweils 1 - 5 % der Bevölkerung leiden unter einer Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion. Pro Jahr erkranken etwa 5.000 Menschen in Deutschland an Schilddrüsenkrebs.

Die meisten Schilddrüsenerkrankungen sind jedoch harmlos bzw. gut therapierbar. Frauen sind meist häufiger betroffen als Männer.

Kleines Organ regelt Stoffwechsel

Die Schilddrüse ist ein kleines, am Hals gelegenes Organ, das viele wichtige Funktionen im Körperstoffwechsel regelt und dessen Erkrankungen eine Vielzahl von Veränderungen und Funktionsstörungen verursachen können. Zusammen mit den anderen Organen des sogenannten endokrinen Systems wie der Nebenschilddrüse, der Nebenniere und der Bauchspeicheldrüse ist die Schilddrüse Teil eines Regelwerks, das verschiedenste Abläufe im Körper durch Ausschüttung von Hormonen steuert. So ist die Schilddrüse im Körper u. a. für die Steuerung von Stoffwechselfunktionen, Herz-Kreislauf-, Magen und Darm- und Funktionen der Muskeln verantwortlich. Sie beeinflusst unsere Psyche, Sexualität, Fruchtbarkeit und das Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln. Die Schilddrüse gehört damit zu den wichtigsten Organen des Menschen.

Diagnostik und Therapie

Etwa jeder dritte Erwachsenen ist im Laufe seines Lebens von einer Schilddrüsenerkrankung betroffen. Symptome und Befund sind vielfältig, daher muss vor einer Behandlung Größe und Struktur der Schilddrüse mit Ultraschall überprüft werden sowie die Funktion mittels Laboruntersuchung. Gegebenenfalls kommen ergänzend weitere Verfahren wie die SD-Szintigraphie oder die Bestimmung spezieller Laborparameter zum Einsatz. Bei verdächtigen Schilddrüsentumoren erfolgt zusätzlich eine Probeentnahme als Feinnadelpunktion, um die optimale Behandlungsmethode festzulegen. In der Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen kommt neben der konservativen medikamentösen Therapie auch die SD-Operation (Abklärung bzw. Therapie von verdächtigen Knoten, fortgeschrittene mechanische Beeinträchtigung durch Strumen) oder die Radioiodtherapie (schonendes Therapieverfahren zur funktionellen Ausschaltung einer Schilddrüsenautonomie oder eines M. Basedow) zum Einsatz.

Neueste OP-Technik

Die OP-Strategie besteht in einer vollständigen Entfernung des krankhaften Schilddrüsengewebes mit dem Ziel, sämtliche Knoten zu entfernen. Diese kann häufig zu einer kompletten Entfernung der Schilddrüse führen. Bei einem bösartigen Tumor werden die gesamte Schilddrüse und die benachbarten Lymphknoten in der Regel entfernt. Die Klinik für Chirurgie im MKH bietet unter bestimmten Voraussetzungen minimal-invasive, videoassistierte Operationen an der Schilddrüse an.

Diese hoch spezialisierte OP-Technik gibt es bisher nur an wenigen Kliniken in Deutschland. Die Vergrößerungstechnik durch eine Videokamera erlaubt eine blutarme und damit sichere Operation. Der Schnitt ist nur 1,5 bis 2 cm lang, sodass mit einem hervorragenden kosmetischen Resultat operiert werden kann.

Keine OP ohne Gefahren

Die hauptsächliche Gefahr einer Schilddrüsenoperation besteht in einer Verletzung des Stimmbandnerven (N. recurrens) mit Heiserkeit und in der Verletzung der Nebenschilddrüsenkörperchen mit Störungen des Kalziumstoffwechsels. Dieses äußert sich in Kribbelgefühlen der Hand und im Gesicht.

Die hohen Qualitätsanforderungen mit Überprüfung des Stimmbandnerven durch einen Nervenstimulator während der Operation sichern eine niedrige Quote von maximal 1 – 2 Prozent Schädigungen des Stimmbandnerven oder der Nebenschilddrüsenkörperchen. Alle Patienten werden vor und nach der Operation von einem Arzt für HNO Heilkunde untersucht, um die Funktion der Stimmbildung zu prüfen.

Struma

Eine Struma ist eine Vergrößerung der Schilddrüse, mit (Struma nodosa) oder ohne (Struma diffusa) Knotenbildung. Häufigste Ursache ist Jodmangel, andere Risikofaktoren sind familiäre Belastung, Rauchen und bestimmte Medikamente (z.B. Lithium).

Die Diagnostik erfolgt durch Sonographie (Ultraschall), Laboruntersuchungen (Bestimmung der Schilddrüsenhormone) und bei Knotenbildung Szintigraphie. Geringgradige Schilddrüsenvergrößerungen bzw. kleine Knoten sind nicht behandlungsbedürftig, regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind jedoch sinnvoll.

Eine medikamentöse Therapie der Struma erfolgt mit Jod und/oder Schilddrüsenhormon (L-Thyroxin). Meist ist jedoch nur eine geringe Verkleinerung des Schilddrüsen- bzw. Knotenvolumens möglich.

Bei großen Strumen bzw. großen oder schnell wachsenden Knoten oder bei ausgeprägten Beschwerden (Kloß- und Engegefühl, Schluckbeschwerden, Luftnot) kann eine Schilddrüsenoperation notwendig sein.

Manchmal bilden Schilddrüsenknoten zu viele Hormone (warme bzw. heiße Knoten) und können so eine Schilddrüsenüberfunktion auslösen. In diesem Fall ist eine Radiojodtherapie zur Behandlung der Überfunktion und Verkleinerung der Schilddrüse möglich.

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Angeborene Schilddrüsenunterfunktionen (0,2 % der Neugeborenen) werden heutzutage meist schon im Säuglingsalter festgestellt und behandelt.

Erworbene Schilddrüsenunterfunktionen sind meist Folgen von Operationen, Radiojodtherapie oder Bestrahlungen im Halsbereich, können aber auch durch Entzündungen oder bestimmte Medikamente (Amiodaron, Lithium) ausgelöst werden.

Eine besondere Form ist die Hashimoto-Thyreoiditis, bei der durch eine Fehlfunktion des Immunsystems chronische Entzündungsreaktionen ausgelöst werden, die die Schilddrüse zerstören können.

Typische Symptome der Unterfunktion sind Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Antriebsarmut, vermehrtes Kältegefühl, Haarausfall, Gewichtszunahme, Wassereinlagerungen im Gewebe und Zyklusstörungen bei Frauen. Die Diagnostik erfolgt mittels Sonographie (Ultraschall), Laboruntersuchungen (Bestimmung der Schilddrüsenhormone und der schilddrüsenspezifischen Antikörper) und ggf. bei Knotenbildung Szintigraphie.

Eine milde Unterfunktion muss nicht unbedingt behandelt werden. Ansonsten erfolgt die Therapie mittels Schilddrüsenhormon-Tabletten (L-Thyroxin) – man ersetzt das, was die eigene Schilddrüse nicht mehr selbst bilden kann. Eine Operation ist nur sehr selten erforderlich.

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

Die häufigsten Ursachen einer Schilddrüsenüberfunktion sind Morbus Basedow oder Schilddrüsenautonomie. Beim Morbus Basedow wird durch eine Fehlfunktion des Immunsystems die Schilddrüse zur vermehrten Hormonproduktion angeregt, die Erkrankung ist oft verbunden mit einer Schilddrüsenvergrößerung (Struma) und einer Beteiligung der Augen (Endokrine Orbitopathie). Bei der Schilddrüsenautonomie bildet ein Teil des Schilddrüsengewebes (oft „heiße“ Knoten) Hormone, ohne sich – wie normales Schilddrüsengewebe – von der Hirnanhangsdrüse steuern zu lassen.

Typische Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion sind Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen, Gewichtsabnahme, Schwitzen, Herzrhythmusstörungen, Zittern, Haarausfall und bei Frauen Zyklusstörungen. Bei Morbus Basedow mit endokriner Orbitopathie können auch die Augen hervortreten (Exophthalmus), Lidschwellungen und Doppelbilder können auftreten.

Die Diagnostik erfolgt mittels Sonographie (Ultraschall), Laboruntersuchungen (Bestimmung der Schilddrüsenhormone und der schilddrüsenspezifischen Antikörper) und Szintigraphie. Bei Morbus Basedow sollte auch eine spezielle augenärztliche Untersuchung und ggf. entsprechende Therapie erfolgen.

Eine medikamentöse Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion ist mit Thyreostatika (z.B. Carbimazol, Thiamazol oder Propylthiouracil) möglich. Bei Morbus Basedow kann nach 1-2-jähriger medikamentöser Therapie eine dauerhafte Heilung erzielt werden. Falls dies nicht erreicht wird oder erneut eine Schilddrüsenüberfunktion bzw. ein hohes Rezidivrisiko besteht (junges Alter, große Schilddrüse, stark erhöhte Antikörper) auftritt, sollte eine Schilddrüsenoperation oder Radiojodtherapie angestrebt werden.

Eine Schilddrüsenautonomie kann mit Medikamenten nicht dauerhaft geheilt werden. Thyreostatika dienen meist hier nur zur Normalisierung der Stoffwechsellage vor einer Schilddrüsenoperation oder Radiojodtherapie. Lediglich bei sehr alten oder sehr kranken Patienten, bei denen eine definitive Behandlung nicht möglich ist, sollte langfristig mit Thyreostatika behandelt werden.

Bei Schilddrüsenüberfunktion ist in jedem Fall auf Jodidkarenz zu achten: aus Jod werden Schilddrüsenhormone gebildet und bei starker Jodzufuhr kann sich die Überfunktion dramatisch verschlechtern. Allerdings enthalten normale Mengen an Jodsalz und der normale deutsche Speiseplan meist nicht allzu viel Jod.

Wichtiger ist der Verzicht auf jodhaltige Medikamente (z.B. Amiodaron), jodhaltige Desinfektionsmittel und vor allem Röntgenkontrastmittel. Falls eine Untersuchung mit Röntgenkontrastmittel unbedingt notwendig ist, kann vorher die Jodaufnahme der Schilddrüse durch Irenat-tropfen blockiert werden.

Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom)

Die Diagnostik von bösartigen Schilddrüsentumoren erfolgt mittels Sonographie (Ultraschall), Laboruntersuchungen und Schilddrüsen-Szintigraphie. Bei der Sonographie erscheinen bösartige Tumoren meist echoarm (dunkler als normales Gewebe), in der Szintigraphie meist als „kalte Knoten“ (weniger aktiv als das normale Gewebe).

Allerdings sind dies keine sicheren Kriterien, um gutartige von bösartigen Schilddrüsenknoten zu unterscheiden. Zur weiteren Abklärung kann eine MIBI-Szintigraphie durchgeführt werden, bei der besonders stoffwechselaktives Gewebe dargestellt wird. Allerdings ist nicht jeder stoffwechselaktive Knoten bösartig. Auch eine Gewebsprobe mittels Feinnadelpunktion bringt keine 100%ige Sicherheit, da hier nur wenige Zellen innerhalb eines Knotens untersucht werden können.

Häufig kann deshalb erst bei einer Schilddrüsenoperation endgültig geklärt werden, ob ein „kalter Knoten“ bösartig ist. Allerdings muss nicht jeder „kalte Knoten“ operiert werden, da nur 3-5 % tatsächlich bösartig sind.

Es gibt vier verschiedene Arten von Schilddrüsenkrebs. Die häufigsten Tumoren, das papilläre und das follikuläre Schilddrüsenkarzinom sind am häufigsten (60 bzw. 30 % der bösartigen Schilddrüsentumoren) und haben die beste Prognose (10-Jahres-Überlebensraten von >90 bzw. 80 %).

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom (5-10%) geht von den Calcitonin-produzierenden C-Zellen der Schilddrüse aus. Es kann familiär auftreten (in ca. 15 %) und mit anderen endokrinen Tumoren assoziiert sein. Dabei sind häufig junge Menschen, auch Kinder, betroffen. Die sporadische Form des medullären Schilddrüsenkarzinoms (85 %) tritt meist im höherem Lebensalter auf. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 60-70 %.

Die schlechteste Prognose (5-Jahres-Überlebensrate <10 %) hat das seltene anaplastische (undiffenrenzierte) Schilddrüsenkarzinom (<5 % der Schilddrüsentumoren.
Bei Schilddrüsenkrebs muss die Schilddrüse vollständig operativ entfernt werden (Thyreoidektomie, siehe auch Schilddrüsenoperation), meist werden dabei auch die lokalen Lymphknoten mit entfernt (Lymphadenektomie).

Bei papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinomen erfolgt danach oft noch eine Radiojodtherapie. Dabei wird nicht nur nach der Operation noch vorhandenes Schilddrüsenrestgewebe zerstört, sondern es ist auch eine Behandlung von Metastasen möglich, da diese meist auch radioaktives Jod aufnehmen können.

Da nach einer erfolgreichen Therapie bösartiger Schilddrüsentumoren kein Schilddrüsengewebe mehr vorhanden ist, muss lebenslang mit Schilddrüsenhormon-Tabletten behandelt werden. Außerdem sind lebenslang regelmäßige Tumornachsorge-Untersuchungen erforderlich, die von einem Spezialisten (z.B. Facharzt für Nuklearmedizin) durchgeführt werden sollten.

Radiojodtherapie

Die Radiojodtherapie ist ein Verfahren zur Behandlung bei Schilddrüsenüberfunktion, Struma und bestimmter Formen von Schilddrüsenkrebs. Eingesetzt wird das radioaktive Jod-Isotop 131Jod, das ein überwiegender Beta-Strahler mit einer Halbwertszeit von 8Tagen ist und im menschlichen Körper nur in Schilddrüsenzellen gespeichert wird. Durch die Radiojodtherapie können Schilddrüsenüberfunktionen zuverlässig beseitigt werden. Schilddrüse und Knoten werden deutlich kleiner, beim Morbus Basedow und Schilddrüsenkrebs ist das Behandlungsziel eine möglichst vollständige Zerstörung der Schilddrüse bzw. der Tumorzellen. Als Folge dessen entsteht oft eine Schilddrüsenunterfunktion, die mit Schilddrüsenhormon-Tabletten ausgeglichen wird.

Die Radiojodtherapie darf in Deutschland nur stationär durchgeführt werden. Unser Zentrum arbeitet dafür mit der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Köln unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Drzezga zusammen.

Die Therapieform wird seit den 1940er Jahren angewendet und gilt als nebenwirkungsarm und auch in der langjährigen Verlaufsbeobachtung als sicher.

Vor der Radiojodtherapie erfolgt zunächst ein Jodstoffwechselstudium, um zu prüfen, wie gut das radioaktive Jod von der Schilddrüse aufgenommen wird. Dies wird meist ambulant in der Poliklinik für Nuklearmedizin in Köln durchgeführt. Der stationäre Aufenthalt dauert meist 2-7 Tage. Aus Strahlenschutzgründen darf man in dieser Zeit die Klinik nicht verlassen und keinen Besuch empfangen.

Im Gegensatz zur Operation tritt die Wirkung der Radiojodtherapie nicht sofort ein, die Schilddrüse wird durch die radioaktive Strahlung nur allmählich zerstört. Nach Entlassung sollten deshalb regelmäßige Kontrollen des Therapieerfolges durchgeführt werden. Dies ist in unserem Zentrum PRAXIS AM BERG in Bergisch Gladbach möglich.